DIALOG IM MUSEUM #11: Smarte Energiesysteme
Am vergangenen Dienstag begrüßten Peter Schmal, Direktor des Deutschen Architekturmuseums, und Prof. Dr. iur. Eva Waller, Präsidentin der Hochschule RheinMain, zur elften Ausgabe der gemeinsamen Vortragsreihe DIALOG IM MUSEUM zum Thema “Smarte Energiesysteme – Wie werden wir morgen mit Strom versorgt?“. Angesichts steigender Anforderungen an die Energieversorgung nicht zuletzt durch die Digitalisierung, betonte Frau Waller nicht nur die Bedeutung praktischer Anwendungen und Innovationen, wie sie an der Hochschule entwickelt werden, sondern ebenso den Stellenwert des Einbezugs zivilgesellschaftlicher Belange in die Forschung.
Regionaler Handel erneuerbarer Energien
Dieser Bedeutung gerecht zu werden, galt die vom Transferprojekt IMPACT RheinMain organisierte Veranstaltung. Prof. Dr. Heinz Werntges vom Teilvorhaben ENERGIEBROKER stellte einen Lösungsansatz für den regionalen Handel mit erneuerbarer Energie nach Auslaufen der EEG-Förderung vor. Dietmar Miller, Leiter der Kompetenzstelle „Smarte Quartiere“ des Smart Grids Baden-Württemberg e. V., ergänzte dies mit einem Vortrag zur Partizipation der Gesellschaft am Aufbau dezentraler Energiesysteme in Quartieren.
In der anschließenden Diskussion rückte Moderator Jörg Staude, Redakteur des Online-Magazins Klimareporter, den Vorschlägen kritisch zu Leibe und sprach außerdem mit der Architektin und Designforscherin Samira Jama Aden vom Helmholtz-Zentrum Berlin darüber, welchen Beitrag die Architektur durch bauwerkintegrierte Photovoltaik zu den Vorschlägen leisten könne. Mit Bernd Meixner, Gründer der Power Service Consulting GmbH, diskutierte er über die komplementäre Rolle grünen Wasserstoffs beim Ausbau von Sonnen- und Windenergie.
Hohes Potenzial der Photovoltaik
Die positive Nachricht in den Augen von Heinz Werntges: Allein die Photovoltaik halte laut Fraunhofer-Institut genügend Potenzial bereit, den Primärenergiebedarf eines Landes wie Deutschland zu decken. Mit deren Nutzung gehen allerdings neue Herausforderungen einher. Der variablen Erzeugung von Sonnenenergie ließe sich optimalerweise mit einem flexiblen Verbrauch begegnen. Diesen soll die voll automatisierte Energiehandelsplattform ENERGIEBROKER befördern, indem Prosumer ihren Strom am lukrativsten antizyklisch zu Zeiten von Erzeugungsspitzen verkaufen können. Als Energiespeicher könnte in Zukunft der Elektroautobestand auf deutschen Straßen dienen.
Um Verbraucher und Erzeuger engmaschig genug zu vernetzen, um den direkten Energieaustausch in Quartieren zu ermöglichen, bedarf es eines großen Maßes an Partizipation und Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft, wie Dietmar Miller referierte. Zwar sei die Zustimmung zu erneuerbaren Energien überwiegend, doch was die benötigten Technologien zur Implementierung intelligenter Stromnetze angeht, bestünde noch großer Informationsbedarf. Indem man die Energiewende in die Kommunen hole, in Bürgerforen aufkläre und mit Plattformen wie etwa dem ENERGIEBROKER Beteiligung möglich mache, könne auch die Energiewende gelingen.
Wasserstoff als komplementäre Technologie
Die größte Hürde bei der Realisierung der Potenziale der Sonnenenergie sieht Samira Aden zum einen im Unwissen der Architektinnen und Architekten darüber, wie weit die Technik bauwerkintegrierter Photovoltaik bereits vorangeschritten ist. So könne der Strombedarf eines Gebäudes heute schon mit fassadenintegrierter Photovoltaik gedeckt werden. Zum anderen mangele es an Fachwissen, wenn es um Zuständigkeiten und die Installation entsprechender Technologien geht. Hier aufzuklären erweist sich Adens Dafürhalten nach als nachhaltiger als die neokolonialen Fantasien mancher Wissenschaftler, Solarparks in den Wüsten des globalen Südens zu installieren, um so die von den Industrienationen hervorgerufenen Krisen zu lösen – von den Schwierigkeiten, die der Wüstensand für die Technik bedeutet und den Lieferwegen ganz zu schweigen.
Je weiter der Ausbau der erneuerbaren Energien voranschreite und insbesondere der von wetterabhängigen Energieressourcen wie Sonnen- und Windkraft, desto wichtiger, so Bernd Meixner, werde auch die Wasserstofftechnologie. Diese sei die momentan vielversprechendste Technologie, wenn es darum gehe, Tagesspitzen auszugleichen und Speicherkapazitäten bereitzustellen. Von einer Konkurrenz zwischen Photovoltaik oder Wasserstoff könne keine Rede sein. Vielmehr müssten sich die Technologien ergänzen.
Einbindung der Zivilgesellschaft als Erfolgsfaktor
Am Ende des Abends steht die Hoffnung machende Gewissheit großer Potenziale konkret im Bereich der Sonnenenergiegewinnung und der fortgeschrittene Stand der Technik in diesem Bereich. Um diese Potenziale zu verwirklichen, bedarf es des Austauschs und des Wissenstransfers nicht nur über die Grenzen von Forschung und Industrie hinweg, sondern auch mit Blick auf die Zivilgesellschaft sowie Architektinnen und Architekten, denen nicht zuletzt die Umsetzung der neuen Möglichkeiten in der gebauten Umwelt zukommt.