Mobilität im Wandel "Mobilität – koste es, was es wolle?"
Aktuelle wissenschaftliche Themen aufbereiten und der Zivilgesellschaft und sonstigen Akteuren näher bringen ist ein wesentliches Ziel von „AUSTAUSCH VERWALTUNG“ im Projekt IMPACT RheinMain. So stellten wir uns bei der gestrigen Online-Veranstaltung den Herausforderungen und Problemen im Themengebiet Finanzierung und Kosten des Verkehrs. Bis zu 185 interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer aus ganz Deutschland lauschten den spannenden Vorträgen der beiden Referenten und einer anschließenden regen Diskussionsrunde. Im Fokus standen die Fragen: Welche Kosten verursachen die einzelnen Verkehrsmittel und wer kommt für sie auf? Welche Finanzierungsinstrumente sind kostengerecht? Bieten City-Maut, ÖPNV-Nulltarif und Co. eine mögliche Alternative und was ist auf den verschiedenen Verwaltungsebenen überhaupt möglich?
Zukunft der Verkehrsfinanzierung
Zu Beginn stellte Dr. Jürgen Gies vom Deutschen Institut für Urbanistik (difu) in Berlin einige Ansätze der künftig möglichen Verkehrsfinanzierung vor. Hierzu gab er einen Einblick in die komplexe Struktur der (öffentlichen) ÖPNV-Finanzierung, der Nutzerfinanzierung und in die vorhandenen (kommunalen) Finanzierungsbedarfe. Zudem zeigte er unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten auf, wie solche Finanzierungsbedarfe ausgefüllt werden können: Zusätzliche Mittel aus öffentlichen Haushalten, zusätzliche Fahrgeldeinnahmen oder die Nutznießer- beziehungsweise Drittnutzerfinanzierung bilden hierbei drei mögliche Säulen. Auch geht er auf Kriterien ein, mit denen diese unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten bewertet werden können. Hier stellt sich beispielsweise die Frage der finanziellen Ergiebigkeit: Schaffen diese neuen Finanzierungsinstrumente wirklich zusätzliche Finanzierungsmittel für den ÖPNV oder dienen sie primär dazu, einen besseren Zugang zu schaffen?
Daran anknüpfend stellte Prof. Gies drei unterschiedliche Beispiele aus dem Ausland vor (Frankreich: Versement mobilité, Norwegen: City-Maut, Schweiz: Pendlerfonds) und versuchte diese Ansätze auch auf Deutschland zu beziehen. Dennoch: Um die Weichen für eine Verkehrswende zu stellen, wird man nicht umhinkommen, zusätzlich Mittel aus dem Steueraufkommen für das ÖPNV-Angebot bereitzustellen, so Gies.
Status Quo: Kostenwahrheit im Verkehr
Prof. Dr. Carsten Sommer von der Universität Kassel referierte anschließend zum Thema „Kostenwahrheit im Verkehr“. Im Rahmen zweier Forschungsprojekte widmete er sich diesem Schwerpunkt mit dem Ziel, ein Verfahren zu entwickeln, das Verkehr ökonomisch bewertet. Zwei Fragen, die sich dabei stellten: Was gibt eine Kommune für Verkehr und Infrastruktur eigentlich aus? Wie kann dieses Verhältnis bei unterschiedlichen Verkehrsarten berücksichtigt werden? Darauf aufbauend wurde eine Methode entwickelt und auf drei Beispielstädte angewandt, „mit der aus kommunalen Haushalten und Rechnungsunterlagen die verkehrsbezogenen Aufwendungen und Erträge differenziert nach städtischen Verkehrsarten (Lkw-, Pkw-, Fuß, Rad, ÖPNV) ermittelt werden können“.
Die Verfahren umfassen sowohl einen betriebswirtschaftlichen Vergleich als auch die Berücksichtigung volkswirtschaftlicher Größen (beispielsweise externe Effekte wie Klimafolgekosten, die durch den Verkehr ausgelöst werden). Ziel der entwickelten Verfahren ist es, transparent darzustellen, welche Kosten überhaupt für den Verkehr in einer Kommune anfallen und welche Erträge erzielt werden. Der Lösungsansatz liegt hier in der verursachergerechten Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen, so Sommer. Die Komplexität des Vorgehens darf dabei allerdings nicht unterschätzt werden. Zudem sei ein interkommunaler Vergleich nicht zweckmäßig.
Am Ende machte Prof. Sommer noch einmal deutlich, welchen Mehrwert ein solches Verfahren für Kommunen mit sich bringt und welche Einsatzbereiche in der Stadt- und Verkehrsplanung möglich sind: ein vollständiger Überblick über Aufwendungen, Erträge und externe Wirkungen des städtischen Verkehrssektors.