Neue Lösungen und Technologien für die Urbane Logistik
Nicht erst seit Corona boomt der E-Commerce und die großen Paketmengen suchen sich ihren Weg durch die überfüllten Städte. Für klimagerechte und lebenswerte Städte werden daher neue Belieferungskonzepte und Technologien für die Versorgung benötigt. In den vergangenen Jahren haben sich viele Forschungseinrichtungen und Start-ups auf den Weg gemacht, neue Lösungen für die „Letze Meile“ zu entwickeln. Am Mittwoch, den 29. Juni 2022, wurden in der Vortrags- und Diskussionsreihe „Mobilität im Wandel“ hierfür spannende Konzepte vorgestellt sowie die Chancen und Herausforderungen für die kommunale Sicht beleuchtet.
Urbane Logistik 2030 – Wie groß wird die Paketflut?
Zunächst begrüßte Prof. Dr. Christian Grotemeier die rund 40 interessierten Teilnehmer:innen der Online-Veranstaltung und begann mit einem Impulsvortrag. Der Umsatz im E-Commerce ist in Deutschland und der Welt exponentiell gewachsen. Dieses Wachstum begann schleichend mit dem Verkauf von Büchern auf Amazon. Dienste wie eBay, Paypal oder auch shopify verstärkten diesen Trend nachhaltig. In Deutschland liegt der E-Commerce-Anteil am Handelsvolumen bei circa zwölf Prozent. Länder wie die USA oder Großbritannien zeigen aber auch, dass das Wachstum noch weiter gehen wird. Als Wachstumstreiber sind derzeit vor allem die Fashion- und Elektrobranche zu nennen. Ein weiterer Punkt ist der sogenannte Quick-Commerce, also die schnelle Lieferung von Onlinebestellungen. Dies kann zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen in urbanen Gebieten führen. Im Lebensmittelsektor setzen beispielsweise Unternehmen wie Gorillas und Flink vermehrt auf Fahrradkuriere. Doch in Städten ist noch mehr los als nur KEP-Logistik. Full-Truck-Load, Baustellen- oder Servicelogistik sind weitere Logistikbereiche. Mögliche Lösungsansätze und Innovationen sind alternative Fahrzeuge und Antriebe, Mikrodepots, Lieferzonen oder auch stadtgestalterische Ansätze wie die „Stadt der kurzen Wege“.
Der Kiezbote aus Berlin – ein neues Konzept für die konsolidierte Zustellung von Paketen
Für den nächsten Vortrag kam Maximilian Engelhardt auf die Bühne. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HTW Berlin und Co-Founder & Strategic Advisor beim Kiezboten. Das Start-up, welches aus einem Forschungsprojekt entstanden ist, bündelt Pakete aller Lieferdienste in einem Mikrodepot und liefert diese in einem gewünschten Zeitfenster an die Kunden. Dabei wird nicht mit den KEP-Dienstleistern kooperiert, sondern die Kunden können sich für den Service anmelden und geben den Kiezboten als Lieferadresse an. Die Paketlieferung wird dann über den Kiezboten abgewickelt. Mittlerweile erfolgt die Auslieferung in 13 Postleitzahlgebieten in Berlin und wird mit einem Lastenrad bewältigt. Die Zustellquote liegt bei fast 100 Prozent und auf der letzten Meile werden circa 60 Prozent der Treibhausgasemissionen eingespart. Ein Problem für das Start-up ist die Preissensibilität der Kunden. Anfangs war der Dienst für die Kunden kostenfrei nutzbar. Bei Einführung eines Preismodells sanken die Paketlieferungen und der Bündelungsfaktor für Paketzustellungen stieg.
Autonom und im „Entenmarsch“ – der „Ducktrain“ als neues Transportfahrzeug für die Urbane Logistik,
Als Nächstes stellte Dr. Kai Kreisköther den sogenannten „Ducktrain” vor. Das Transportfahrzeug soll es ermöglichen, Logistik im konventionellen Sinne mit Lastenrädern zu bewältigen. Das Problem dabei ist, dass Lastenräder im Transportvolumen begrenzt sind und eine flächendeckende Errichtung von Mikrodepots nicht wirtschaftlich ist. Demnach versucht der Ducktrain die Lücke zwischen einem Transporter und einem Lastenrad zu schließen. Dabei können bis zu fünf Ducktrains sensorbasiert einem Führungsfahrzeug folgen. Anwendungsbereiche sind die mittlere bis letzte Meile. Die Ducktrains sind einzeln einsetzbar oder können als temporäre Packstationen eingesetzt werden. Die Fahrzeuge sind technisch für automatisiertes Fahren vorbereitet. Der Ducktrain richtet sich an KEP-Dienstleister, Spediteure oder auch Lebensmittelunternehmen.
Highlights von der Last Mile City Logistics-Messe und Konferenz
Zum Abschluss der Veranstaltung erzählten Tobias Plegge, Andreas Schumann und Prof. Dr. Christian Grotemeier allgemein über die Last Mile City Logistics-Messe. Tobias Plegge ist der Projektmanager der Messe und Andreas Schumann Vorsitzender des Bundesverbands der Kurier-Express-Post-Dienste. Für die letzte Meile gibt es viele Ideen, welche auf der Messe präsentiert wurden. Dabei waren auf der Messe vor allem Start-ups und mittelständische Unternehmen vertreten, jedoch nicht die großen KEP-Dienstleister. Herr Schumann betonte die regionalen Wertschöpfungsmöglichkeiten durch die letzte Meile. Er mahnte auch an, dass Ausschreibungen oft auf große Unternehmen ausgerichtet sind und kleine und mittelständische Unternehmen benachteiligt werden. Laut den Experten gibt es besonders Im ländlichen Raum noch viel Entwicklungspotential bei der Verknüpfung von Logistik- mit Servicedienstleistungen. Auf die Frage, ob der Güterverkehr mit dem ÖPNV verknüpft werden sollte, reagierten Herr Schumann und Herr Plegge skeptisch. Dies sei als Nischenlösung anzusehen.