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Oberbürgermeister Mende: Rede und Antwort zur Wiesbadener Wohnungspolitik

Prof. Dr. Michael May diskutiert vor gefülltem Saal der Hochschule RheinMain mit dem Publikum und den Gästen Joachim Schuberth (ART), Roland Stöcklin (SEG), Hiltrud Albers (ART), Oberbür-germeister Gert-Uwe Mende, Heidi Diemer (Koordinierungsstelle für Wohninitiativen und Bauge-meinschaften, SEG), Christoph Manjura (Sozialdezernent), Hans Vollmar (ART), Andreas Börner (ART), Thomas Kessler (GWW); v.l.n.r. © Peter Engert

© Peter Engert

 

Oberbürgermeister Mende, Sozialdezernent Manjura und weitere Verantwortliche stehen auf einer Veranstaltung des „Aktiven-Runden-Tisches für Wohninitiativen und Baugemeinschaften (ART)“ , der Koordinierungsstelle für Wohninitiativen und Baugemeinschaften und der Hochschule RheinMain Rede und Antwort zur Wiesbadener Wohnungspolitik.

Über 60 interessierte Wiesbadenerinnen und Wiesbadener waren am Mittwochabend einer Einladung des Aktiven-Runden-Tisches an die Hochschule RheinMain gefolgt, um mit Vertretern der Stadt über die aktuelle Wohnungspolitik in Wiesbaden zu diskutieren. Unter der Moderation von Prof. Dr. Michael May von der Hochschule RheinMain standen bezahlbarer Wohnraum, gemeinschaftliche Wohnprojekte und die Vergabe nach Konzept im Mittelpunkt. Das Publikum sowie Vertreterinnen und Vertreter des Aktiven-Runden-Tisches diskutierten lebhaft mit Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende dem Sozialdezernenten Christoph Manjura mit Roland Stöcklin (SEG) und Thomas Keller (GWW).

„In Wiesbaden gibt es acht Wohnprojekte mit insgesamt 95 Wohneinheiten“, so leitet Hans Vollmar, Architekt und ehemaliger Leiter der Koordinierungsstelle für Wohninitiativen und Baugemeinschaften den Abend ein. Aber es gebe auch über 500 Interessierte, die sich für den Newsletter der bei der Stadtentwicklungsgesellschaft Wiesbaden (SEG) ansässigen Stelle eingetragen haben. Das zeigt, dass neben der Suche nach bezahlbarem Wohnraum ein steigendes Interesse für gemeinschaftliche Wohnprojekte besteht. Eine grundlegende Voraussetzung für die Entstehung bezahlbaren Wohnraums ist aber, dass knapper Baugrund künftig nicht mehr an den jeweils Höchstbietenden vergeben wird, sondern dass darauf geachtet werde, dass die Vergabe nach zuvor festgelegten sozialen und ökologischen Kriterien zum Verkehrswert erfolgt (Konzeptvergabe). Dies gebe die Hessische Gemeindeordnung auch ohne weiteres her, unterstrich Christoph Manjura, auch wenn dies noch nicht überall bei den Verantwortlichen angekommen sei. Vor dem Hintergrund zunehmender Wohnraumknappheit und steigender Immobilienpreise sei das aber der richtige Weg.

Das sind Erfahrungen, die auch in anderen Städten des Rhein-Main-Gebiets gemacht werden. Allerdings ist man in Mainz oder Frankfurt bezüglich der Weichenstellungen zur Konzeptvergabe schon deutlich weiter. So ist in den beiden Nachbarstädten, wie auch in vielen anderen Großstädten, bei der Vergabe eine feste Quote für sozial geförderten Wohnraum und an Wohninitiativen und Wohnprojekte vorgesehen. Dass dies in Wiesbaden nicht der Fall sei, liege daran, dass das für die aktuelle Sitzungsvorlage zur Konzeptvergabe politisch noch nicht kompromissfähig gewesen sei. Die Sitzungsvorlage war auch Anlass zur Kritik hinsichtlich einer Beteiligung des Aktiven-Runden-Tisches bei der Formulierung von Kriterien für die Vergabe. Hier verschenke man wichtiges und über Jahre gewachsenes Knowhow und die Chancen zum Aufbau einer echten Beteiligungskultur. Gerade wenn es um „echte Partizipation“ gehe, könne auch die Hochschule mit einer umfangreichen Expertise als Partner fungieren, wie Michael May betonte. Allerdings wiesen sowohl Mende als auch Manjura darauf hin, dass Beteiligung seitens der Stadt grundsätzlich positiv und nicht hinderlich sondern vielmehr gewinnbringend und willkommen sei. Und Stöcklin merkte an, dass die strittige Sitzungsvorlage wenn auch ein Kompromiss, so doch immerhin eine deutliche Verbesserung darstelle.

Auf die Frage nach Leerständen in der Stadt betonte Manjura, dass er mit seinem für Stadtentwicklung und Bau zuständigen Kollegen Hans-Martin Kessler kontrovers über ein „Zweckentfremdungs- und Leerstandsverbot“ sowie Möglichkeiten des Milieuschutzes diskutiere. Dennoch wolle die Stadt sich nach jahrelanger Zurückhaltung wieder aktiver um die Wohnungspolitik kümmern. Das zeige sich auch am Kauf des Ostfeldes von der Firma Dyckerhoff, damit dort seitens der Stadt ein neuer in vielerlei Hinsicht innovativer Stadtteil entwickelt werden könne. Welch tragende Rolle Wohninitiativen gerade für die Entstehung guter Nachbarschaften in städtischen Quartieren spielen, zeige sich an vielen Beispielen. Deshalb halte Manjura es für unbedingt erforderlich, dass bei jedem städtischen Bauprojekt auch mindestens ein gemeinschaftliches Wohnprojekt integriert sein solle; so selbstverständlich auch für das anstehende Projekt Kastel-Housing. Hier komme es darauf an, dass sich entsprechende Interessentengruppen rechtzeitig einfinden, da der zeitliche Druck dort hoch sei, mahnte Stöcklin. Allerdings kam aus dem Publikum der Hinweis, dass dafür, wie für alle weiteren Entwicklungsprojekte, klar kommuniziert werden müsse, wie die Bewertungskriterien aussähen - hinsichtlich Größe, Gehalt und Potenzial der für Wohnprojekte vorgesehenen Liegenschaften.

Nach vielfältiger Kritik an schleppenden Bearbeitungsprozessen und unflexiblen Verwaltungsstrukturen stellte sich der Oberbürgermeister klar vor seine Verwaltung, die letztlich an die Entscheidungen der Politik gebunden sei. Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern sollten also auf politischem Wege artikuliert werden und nicht in „Verwaltungsbashing“ münden. Insgesamt benannte er die Verbesserung des politischen Klimas als zentrales Ziel seiner Politik. Das gestiegene Interesse am gemeinschaftlichen Wohnen und die Konzeptvergabe falle hier auf fruchtbaren Boden.

Die Veranstaltung fand auf dem Campus Kurt-Schumacher-Ring der Hochschule RheinMain statt und wurde vom Aktiven-Runden-Tisch gemeinsam mit dem Fachbereich Sozialwesen und dem Transferprojekt IMPACT RheinMain der Hochschule organisiert. Unter dem Dach von IMPACT RheinMain wird am Dienstag, dem 26.11.2019 um 18:30 Uhr eine weitere Veranstaltung zum gemeinschaftlichen Wohnen im Wiesbadener Stadtmuseum am Markt (sam) stattfinden.